Vor einiger Zeit hatten wir den WFM-Prozess kurz hier zusammengefasst. Heute betrachten wir heute das Thema Forecasting etwas genauer. Ein kleiner Blick in die Zukunft: Es ist Mitte April 2021 – also in einigen Wochen – und Sie stehen wie jede Woche vor dem Supermarkt und planen Ihre Einkäufe. Alles wie immer. Aber als Sie den Laden betreten, sehen Sie die Auswahl – die Hälfte der Ladenfläche bietet nur 3 Dinge an: Toilettenpapier, Nudeln und Küchenrollen.
Gibt’s nicht? Naja, so ganz unrealistisch ist das Scenario nicht. Ein moderner Supermarkt nutzt Forecasting-Methoden und Tools um den Warenbestand aufzufüllen. Diese Tools berechnen den Bedarf basierend auf den Verkäufen der Vergangenheit. Wenn nun Mitte März 2020 der Absatz von Toilettenpapier hoch war, so ist durchaus möglich, dass das Forecasting-Tool als Datenbasis den Absatz vom Vorjahr nutzt und deswegen die entsprechenden Produkte ins Lager packen.
Genauso wie beim Forecasting im Contact Center
Beim Forecasting im Rahmen eines WFM-Prozesses sammelt eine Personaleinsatzplanungslösung historische Daten aus Contact Center-Lösungen wie ACD, Schriftbearbeitungssystemen etc. um mit Werten wie historisch tatsächlich angefallenen Anrufvolumen in einzelnen Queues, der dazugehörigen AHT (Average Handling time) etc. Berechnungen anzustellen. Um den Text hier zu vereinfachen, reden wir von Anrufen, dies sollte aber natürlich genauso auch andere Kanäle wie Emails, Chat, Messaging etc. abdecken.
Das Ziel hierbei ist es möglichst genau vorherzusagen, wie viele Anrufe in der Zukunft in einem bestimmten Zeitintervall (typischerweise 15 bis 30 Minuten) in einer bestimmten Gruppierung (Kanal, Queue, Kundenanliegen oder auch Kunde) im Contact Center aufschlagen werden. Hierbei werden die Daten aus der Vergangenheit ausgewertet und eine Vorhersage für die Zukunft getroffen – vereinfacht kamen beispielswiese kamen Dienstags im letzten Jahr zwischen 14:30 und 14:45 immer zwischen 300 und 400 Anrufe in der Queue Vertragsverlängerung an, also gehen wir davon aus, dass am nächsten Dienstag im gleichen Zeitraum mit 350 Anrufe gerechnet werden muss.
Je genauer der Forecast, desto effizienter kann man im Nachgang die Agenten planen und hierbei hohe Einsparungen an Personalkosten generieren (für eine genaue Analyse des Einsparpotentials freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme. Viele Anbieter von PEP-Lösungen werben mit einer systemseitigen Forecast-Genauigkeit von xx.xx Prozent oder mit AI basiertem Forecast, der höchste Genauigkeit bietet und unterschiedliche Algorithmen nutzt und die Ergebnisse vergleicht.
Es kommt aber immer noch auf den Personaleinsatzplaner an
Das System kann nämlich nicht selbständig erkennen, welche unerwarteten Faktoren einzukalkulieren sind; hier ist der Personaleinsatzplaner gefragt, das System entsprechend einzustellen und folgende Faktoren zu berücksichtigen:
Ausreißer-Zeiträume, in denen besondere Rahmenbedingungen vorliegen, welche im Vergleich zur Vergangenheit überraschend das Anrufvolumen hochgetrieben haben. Ein Beispiel könnte der Ausfall der Webseite, ein Fehler in den zum Monatsende verschickten Rechnungen sein, welche auf ein bestimmtes Event basierend höhere Anrufvolumen generieren. Oder auch besondere Rückfragen beim COVID-Lockdown.
Es gibt drei verschiedene Ansätze, wie man mit Ausreißern umgeht.
- Ausklammern – zum Beispiel ein einmaliger Vorfall, der in dieser Art nicht wieder zu erwarten ist wie eine technische Störung
- Anpassen – der Zeitraum ist relevant für den Forecast und man nimmt statistische Mittelwerte, um die Werte anzupassen.
- Berücksichtigen – der heute Ausreißer wird wieder auftreten und wird daher im zukünftigen Forecast berücksichtigt
Saisonale Effekte: Vor Ostern gibt es bei den Versanddienstleistern immer deutlich mehr Calls; Ostern ist aber nicht jedes Jahr am gleichen Tag, daher muss man dem System mitteilen, wann Ostern ist. Bei Automobil-Clubs gibt es Peaks wenn der erste Schnee im Oktober fällt bzw. wenn in einzelnen Bundesländern Ferien starten. Entsprechende Informationen basieren beispielsweise auf dem christlichen Kalender, dem Schulferienkalender oder der Wettervorhersage müssen ebenfalls ins System eingepflegt werden; ein Teil kann man mit entsprechenden Schnittstellen auch automatisieren
Kommunikationsmaßnahmen: Maßnahmen zur Kommunikation mit den Kunden haben einen Einfluss auf das Anrufvolumen und sind daher in den Forecast einplanen. Das betrifft zwei Themen:
- Ein erhöhtes Inbound-Anrufvolumen durch Werbemaßnahmen, negative Presse oder ähnliches
- Abzuarbeitende Outbound-Anrufe durch beispielsweise Marketing-Kampagnen
All diese Faktoren müssen durch den Personaleinsatzplaner eingetragen und gepflegt werden und darauf aufbauend regelmäßig ein Forecast angestoßen werden. Es handelt sich hier um einen fortlaufenden Prozess, der kontinuierlich und basierend auf einer neuen Faktenlage auch kurzfristig neue Ergebnisse liefert.
Wichtig ist hier, dass man einen erfahrenen Planer einsetzt, der den Prozess lebt und die entsprechenden Einflussfaktoren gewichten kann und daraus durch die Algorithmen des WFM-Systems eine Vorhersage für das zukünftige Anrufaufkommen zu generieren.
Basierend auf diesem Forecast kann dann im Anschluss eine Bedarfskalkulation an Mitarbeitern und eine Schichtplanung erstellt werden.
Zusammenfassung
Um auf den Einstieg zurückzukommen: Wenn der Planer des Warenbestands die Zeit um den März 2020 nicht als Ausnahme deklariert, kann es wirklich sein, dass nächstes Jahr einige Supermärkte ein Überangebot an Nudeln, Toilettenpapier und Küchenrollen habe. Ich bin echt mal gespannt; wir wollen es nicht hoffen.
Aber zurück zu den Contact Centern: Eine gute Software generiert mittels KI sehr gute Forecasts. Ohne Einordung der historischen und zukünftigen Werte ist jedes Tool jedoch nur eingeschränkt tauglich. Daher kommt es immer noch auf das Fingerspitzengefühl des Planers an.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Prozessanalyse, der Überarbeitung des Prozesses und auch beim Coaching Ihrer Planer, kontaktieren Sie uns!
Schauen Sie sich gerne die Webinar-Aufzeichnung zum Thema an.