Der Betriebsrat

Der Betriebsrat im Contact Center – „Wir sind die Guten“! Neulich wieder beim Kunden. Man diskutiert die Einführung einer neuen Software in großer Runde mit dem Ziel die Kundenzufriedenheit zu steigern, den Umsatz zu erhöhen und weniger eskalierende Gespräche für den Mitarbeiter zu haben– irgendwoher kommt dann ein Zwischenruf „Das kriegen wir beim Betriebsrat nie durch“. Ja, wieso denn eigentlich nicht? Um das zu bewerten muss man ein wenig ausholen…

Wie schon in einem vorherigen Blogartikel zum Thema „Sprachaufzeichnung und QM“ erwähnt, regelt das Betriebsverfassungsgesetz das Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Die Aufgabe des Betriebsrats besteht darin, Maßnahmen im Sinne der Arbeitnehmer zu beantragen und deren Anregungen aufzugreifen sowie die Beschäftigung im Betrieb zu fördern und zu sichern (§ 80 BetrVG).

Daraus folgend hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, was Fragen des Verhaltens des Arbeitnehmers betrifft, sowie bei der Einführung bestimmter technischer Einrichtungen. Hierzu gehören folglich auch alles, was irgendwie mit Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Mitarbeiter zu tun hat.

Wie sieht es in der Praxis aus? Um von der Theorie in die Praxis zu wechseln: Vor kurzem in einer Diskussion mit einem Transport-Unternehmen, der Betriebsrat besteht fast ausschließlich aus ehemaligen Fahrern. Das Unternehmen wollte für den Kundenservice eine WFM-Lösung einführen; die Zielsetzung war primär eine Verbesserung der Mitarbeiterzufriedenheit, zudem auch der Kundenzufriedenheit. Der Betriebsrat hatte Bedenken, dass eine Totalüberwachung mit Ausbeutung der Service-Mitarbeiter geplant sei, wobei das Thema Effizienz aus Arbeitgebersicht nie ein Treiber des Projekts war. In diesem Fall war es wichtig einmal darzulegen, dass bereits jetzt der Arbeitgeber und eben auch die Kunden über Ihre App durch modernes Fahrzeugtracking über jeden Standort eines Fahrers im Bilde sind und dies dem Unternehmen und den Kunden ja hilft, ohne dass die Mitarbeiter ausgenutzt werden…

Verständliche Vergleiche helfen oft; die Diskussion zu entspannen und sowohl dem BR als auch den Unternehmensvertretern die Angst voreinander zu nehmen. Kein Betriebsrat würde beispielsweise heutzutage bei VW Fließbänder abstellen, denn jedem ist klar, dass damit die Arbeitsplätze obsolet sind; entsprechend muss man klar machen, dass beispielsweise ohne Personaleinsatzplanungslösung ein großes Contact Center nicht ordentlich zu steuern ist.

Aber – und das ist wichtig – die persönlichen Rechte der Mitarbeiter müssen gewahrt bleiben. Es macht Sinn mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, dass aus neuen Prozessen Lösungen und keine unsinnigen Konsequenzen bzw. disziplinarische Maßnahmen gezogen werden dürfen. Das Unternehmen investiert ja z.B. in ein Quality Management Tool, um die Mitarbeiter zu entwickeln und nicht um Tools zur Bestrafung einführen. Entsprechend kann man als Beispiel vereinbaren, dass

  • Aufzeichnungen dürfen ggbfs. nur zeitweise und ausschließlich zu Schulungszwecken oder zur Beweissicherung im Interesse der Mitarbeiter genutzt werden,
  • Daueraufzeichnungen zur Interaktionsanalyse, aber nicht zur Auswertung einzelner Mitarbeiter genutzt werden dürfen,
  • Personaleinsatzpläne x Wochen vorab im Rahmen gewisser Vorgaben bekanntgegeben werden,
  • etc. …

Es ist des Betriebsrates gutes Recht, den Einsatz von Contact Center-Technologien abzulehnen, wenn diese effektiv nachteilig für die Arbeitnehmer sind, z.B. dass Gesprächsaufzeichnung zu QM-Zwecken auch bei kleineren Verfehlung in eine Kündigung münden– man muss bedenken, dass die wenigstens Arbeitnehmer Ihren Job dauerhaft 100% fehlerfrei machen. Ziel sollte immer sein, einen gemeinsamen Nutzen für beide Parteien zu bieten.

Andererseits muss jedes Unternehmen auf den Stand der Zeit sein und sich kontinuierlich weiterentwickeln, neue Technologien und Methoden, welche teilweise auch Risikobehaftet sind, ausprobieren, um Wettbewerbsvorteile zu erreichen. Tut es das nicht, bedankt sich der Wettbewerb, das Unternehmen kommt ins Hintertreffen und kann sich irgendwann die Menge der Mitarbeiter auch gar nicht mehr leisten.

Sinnvoll ist bei massiven Änderungen eine Testphase zu vereinbaren, nach der sich der Arbeitgeber und der Betriebsrat zusammensetzen und basierend auf den bisherigen Erfahrungen die weiteren Rahmenparameter im gegenseitigen Interesse vereinbaren. Wichtig ist aber immer eine vertrauensvolle wertschätzende Zusammenarbeit, deren Grundgedanken es ist ein gemeinsames Verständnis zu erzeugen, die Ziele des jeweils anderen zu kennen, zu verstehen und mit zu tragen. So kann man immer mit dem Goodwill des anderen rechnen und unsinnige einseitige Entscheidungen werden vermieden, die schlussendlich der Belegschaft und dem Unternehmen schadet, was ja keiner wirklich möchte.

Unsere Empfehlungen

Wenn aber der BR wie oben dargelegt die Beschäftigung fördern und sichern soll – was nun mal in unserer digitalen Welt immer mit Veränderung einher geht – wieso gilt er dann oft als schwierig? Dafür gibt es mehrere Gründe.

  • Kein zu frühes Involvement: Eine der ersten Fragen stellt sich, wann es Sinn macht den Betriebsrat an Bord zu holen. Im Grunde nicht zu früh – was bei obigem Beispiel der Fall gewesen wäre. Wenn das Unternehmen noch kein Konzept hat und zu dem Thema auf den BR zugeht, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dieser erstmals mangels schlüssiger Informationen zu Recht abwinkt; würde jeder teilweise auch nicht anders machen.
  • Trotzdem den BR rechtzeitig ins Boot holen – wenn man den Betriebsrat erst ins Boot holt, nachdem eine Lösung angeschafft wurde, kann es sein, dass der Betriebsrat die Genehmigung verweigert und das Unternehmen massiv „Kohle in Sand setzt“. Zum einen kann es sein, weil man doch einige regulatorisch Vorgaben nicht beachtet hat, zum anderen wird sich der Betriebsrat auch übergangen fühlen und aufgrund dieser emotionalen Grundstimmung die Zustimmung zum Einsatz verweigern.
  • Die BR-Arbeitslast beachten: Zudem sollte man die aktuelle Arbeitslast des Betriebsrats und die Grundstimmung beachten. Wenn der Betriebsrat z.B. gerade in Verhandlung über ein neues Vergütungsmodel steckt, welches einen Nachteil für die Mitarbeiter darstellt, dann hat der BR nicht immer genügend Zeit für ein anderes Thema. Außerdem ist ein Vorlauf zu beachten, bis wann solche Themen für welche Sitzung und in welchem Gremium eingereicht werden müssen.
  • Verständliche Darstellung: Die nächste Frage ist, wie man die entsprechende Thematik dem Betriebsrat darstellt. Es ist wichtig, die Ziele des Unternehmens ehrlich und verständlich darzulegen. Man muss sich vergegenwärtigen, dass in Deutschland normalerweise keine Lösungen eingeführt werden, um Leute rauszuschmeißen, das Gegenteil ist in der Regel der Fall – man will z.B. mit einem WFM-Tool und einer Qualitätsmanagement-Lösung die Zufriedenheit und das Skillset der Mitarbeiter steigern. Zum einen natürlich, um damit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen, aber auch um zu vermeiden, dass Mitarbeiter frustriert kündigen…. Eine Win-Win-Situation für Mitarbeiter und Arbeitgeber – man spart die Kosten für die Mitarbeitersuche und das Anlernen, die Mitarbeiter sind zufriedener, kompetenter (was sich in der Regel auch auf das Gehalt auswirkt), zufriedenere Kunden bedeuten mehr Umsatz und der Arbeitgeber investiert mit einer guten Wachstumsituation gerne in weitere Mitarbeiter. Genau diese Zielsetzung sollte in einer Diskussion mit dem Betriebsrat gut erklärt werden, so dass es auch jemand versteht, der kein Experte in dem entsprechenden Diskussionsgebiot ist
  • Die Persönlichkeiten beachten: Natürlich gibt es auch immer mal wieder Reibungspunkte auf persönlicher Ebene. Dies sollte man bedenken; manchmal macht es Sinn, eine bestimmte Person vorab und in anderer Form zu briefen oder die verschiedenen BR-Teilnehmer von unterschiedlichen Personen anzusprechen zu lassen.

In diesem Sinne: „Die Kollegen vom Betriebsrat sind die Guten“ und arbeiten am Wohle des Unternehmens und der Mitarbeiter. Aber wie in jeder guten Zusammenarbeit muss man auch Zeit investieren und sich überlegen wie man diese konstruktiv gestaltet; gerne helfen wir hier.

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