KI: Heute

Gedanken zur „Künstlichen Intelligenz“ heute…

Beginnen wir wieder mit Xerox, einem Pionier der Künstlichen Intelligenz. Bei Xerox ist momentan anzunehmen ist, dass sich die Weiterentwicklungen und Forschungen nun sehr auf die Kernbereiche von Xerox konzentrieren werden – wie bereits erwähnt nicht nur die intelligente, automatisierte Steuerung von Druckern und Druckaufträgen, sondern auch zur Wiedergabe von Dokumenteninhalten. Darüber hinaus ist Xerox aber auch eine „normale“ Firma mit Stabsfunktionen; hierüber hatte das Magazin „Brand Eins“ einmal berichtet, dass „Xerox Services einen Algorithmus beauftragt hatte, um Mitarbeiter zu finden, die möglichst lange im Unternehmen bleiben. Später stellte man fest, dass Mitarbeiter aus Außenbezirken seltener eingestellt wurden. Das Programm hatte festgestellt, dass ein langer Anfahrtsweg ein häufiger Kündigungsgrund ist. Weil aber gerade arme Menschen oft außerhalb der Stadt lebten, wurden sie ungewollt, aber systematisch diskriminiert.“

Da die Entfernungen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz kaum zu ändern sind, hatte der Author diesen Umstand vor Jahren dadurch gemildert, in dem er entfernt wohnenden Mitarbeitern zwischen den Schichten eine Stunde mehr Pause gab – aus Gründen der Erholung für lange Arbeitstage plus langen Fahrten. Somit sind wir nun bei dem Markt der CallCenter-Branche, in dem momentan ebenfalls KI-Systeme angesagt sind. Bei der CCW in Berlin wurde in 2018 so oft dargestellt, dass es schon fast zum Unwort wurde und begleitet vom Begriff „Chatbots“ ein Gespann an neuen Technologien für die Branche vorgestellt wurde.

In der Branche gibt es inzwischen spannende Entwicklungen: Beispielsweise moderne Intradaymanagement-Software wie NICE EEM oder QStory scheint das zu liefern, was von KI heute erwartet wird. Die möglichen Aktionen sind vorab bekannt, dem Steuerer werden die Entscheidungen abgenommen, da sie vorher per Parameter definiert wurden und somit die Maßnahmen von dem System selbst ausgelöst werden. Aber ist diese Basis eine Künstliche Intelligenz? Es erschließt sich nicht, warum das nicht auch per „normaler“ Programmierung möglich sein sollte. Wenn, dann … und davon einige … Bricht ein hohes Peak ein, wird der Steuerer aktiv,

  • ermahnt per PopUps die Agenten an der Line nicht zu lange zu telefonieren,
  • diese PopUps könnten technisch gesehen auch Nachrichten via Apps sein, so dass Agenten in Pausen informiert werden (könnten),
  • das WfM-System errechnet permanent den Forecast des restlichen Tages (Intraday-Management, so dass also der Mehr-Bedarf bekannt ist und Agenten mit späteren Schichten informiert werden (= gebeten früher zu kommen),
  • BackOffice-Agenten werden gebeten in die Line zu gehen, wenn dies nicht schon per Überlauf und Skill-Levels gesteuert wurde,
  • Meetings könnten abgebrochen werden…

Wo ist darin die künstliche Intelligenz bei dieser relativ überschaubaren Anzahl an Möglichkeiten und Prozessen? Der Vorteil von solchen Intraday-Management-Lösungen ist die Unterstützung der operativen Steuerung, z.B. in solchen Fällen alle Prozesse gleichzeitig starten zu können, wenn notwendig. Ferner ruft das System von den vorhandenen Mitarbeitern sowohl die korrekte Anzahl, als auch diejenigen mit den richtigen Fähigkeiten aus deren anderen Tätigkeiten temporär ab.

Darüber hinaus können Agenten sich nicht mehr auf einen Steuerer „einschießen“ zu meckern, sondern „das System“ informiert über die notwendigen Aktivitäten. Dahinter entwickelt sich ein Vertrauen, dass man nicht einer von wenigen ist, die aufgefordert werden zur Optimierung beizutragen und auf die sich ein Steuerer evtl. fokussiert (weil die weniger meckern als andere), sondern alle („richtigen“) sind involviert und werden gefragt.

Hier scheint sich jedenfalls die KI bzw. dieses Programm wiederals Killer zu entpuppen, da dieser attraktive Job (nicht mehr telefonieren zu müssen, anders als andere zu sein, was zu sagen haben, weiterentwickelt zu sein … ) als nächste Karrierestufe wegfällt? Ja, dieser Job entfällt vieleicht, der heute von operativen Steuerern, Traffic Controllern u.ä. gemacht wird, jedoch wird i.d.R. beim Launch von KI-Systemen ein Mix von Mensch und Maschine empfohlen, u.a. weil die Systeme noch eine (lange?) Lernphase vor sich haben.

Aber ist die „Künstliche Intelligenz“ nur eine andere Art zu programmieren, um effizienter zu programmieren, aber gleiche Ergebnisse zu erhalten, durch Automatisierung schneller?

Die Programmierung entsteht durch Firmen und die notwendige Aufgabe der aktiven Steuerug entfällt, da die Software schon aufgrund anderen, identischen Bedarfs entwickelt wurde; somit müssen nur die Parameter festgelegt und die Apps eingerichtet werden. That’s it. Damit beginnt aber eine neue/andere Beziehungen zwischen Mensch und Maschine im CC: Diese wichtige Umstellung darf nicht übersehen werden! Die Maschine steuert, befiehlt, mahnt etc. von nun an, was bislang nur Menschen taten – und es wird Ihnen mehr vertraut.

Wie sieht das im Umfeld von Chatbots aus? Im so genannten Workload-Bereich – oft auch BackOffice genannt, also die Bearbeitung aller Kundenkontakte, die (telefonisch) nicht an der Line stattfinden, ergo Chat, Email, Fax etc. – könnten Chatbots bestimmte wiederkehrende Anliegen von Kunden bedienen, d.h. automatisch per Textbausteine Kunden Antworten liefern, die sich nicht auf Q&A-Seiten leiten ließen. Eventuell können wir vielleicht sogar im Endstadium von einem typischen 80:20 Verhältnis sprechen, so dass 80% der Anfragen durch die Chatbots gelöst werden, die restlichen 20% von – allerdings dann notwendigerweise sehr fähigen – Agenten, da diese Fälle zu komplex, ggf. zu menschlich oder zu abwegig, d.h. außerhalb standardisierter Prozesse sein können – oder wie so oft eine Anfrage mehrere Cases (Geschäftsvorfälle) beinhalten kann.

Über diesen Bereich ließe sich aber einige größere Probleme lösen:

  • Fähige Mitarbeiter werden effizient eingesetzt, d.h. nur bei komplexen Fällen, und erhalten keine trivialen Fälle geroutet.
  • Kunden könnten auf einzelne Probleme getrennt hingesteuert werden.
  • Oft sprechen Kunden an der Line mehr als ein Problem an, z.B. neben der Rechnung auch ein technisches Problem, der Agent dokumentiert aber i.d.R. nur eine Anfrage des Kunden, da heutzutage diese Anrufe nicht als zwei oder mehr Fälle eines Kunden von der Steuerung erkannt werden (können) und somit eine AHT-Ermahnung anstehen wird. Dem Kunden zu sagen, er solle für das andere Problem wieder anrufen, wird den Kunden verärgern und die Agenten-eigene NPS-Bilanz verhageln.

Im vierten Teil ist geplant auf die Ergebnisse der „Vision20XX“-Tage in Leipzig einzugehen…

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