Künstliche Intelligenz damals: Erinnern Sie sich (noch) an Xerox? Das „noch“ ist nicht angebracht, da es den Konzern nach wie vor gibt. Noch. Denn es gibt bekanntlich Bestrebungen, dass nur noch die Marke übrigbleibt vom einstigen (NEIN! Nicht nur das, was Sie denken, dem Kopierer-Hersteller, sondern einem) Technologie-Giganten, der bald unter japanischer Führung laufen soll.
Abgesehen von Kopierern und Druckern herzustellen betreibt (oder hält sich?) Xerox ein Grundlagen-Forschungszentrum. Das so genannte „PARC“ (Palo Alto Research Center), an dessen Erfindungen Xerox Mitte der achtziger Jahre selber nur 10%(!) verdiente! Unglaublich für einen US-Konzern, sich solche Einnahmen entgehen zu lassen. Xerox war zu der Zeit gerade dabei neue Dinge zu erfinden, nämlich „Benchmarking“ u.ä., um sich mit Produkt- und Prozess-Optimierungen wieder selbst am eigenen Schopfe aus dem Fast-Insolvenz-Sumpf zu ziehen. Und es gelang Xerox auch eindrucksvoll. Wer den Xerox-Stand auf der DRUPA 2000 besuchte, war von dem kraftvollen Auftritt sehr beeindruckt.
Mit Sicherheit war einer der Fehler nicht zu zeigen, was man kann
Nun könnte man Xerox sogar als Wohltäter darstellen. Jedes Mal, wenn eine Geschichte von Apple publiziert wird, kann einem die Galle hochkommen, wegen miserabler Recherchen oder bewussten Fehlinformationen, da der Verdienst von Xerox(!) in der Zeit immer hätte gewürdigt werden müssen:
Bereits 1974 waren im PARC miteinander-vernetzte Rechner mit grafischer Oberfläche, Mouse-Steuerung, Pop-Up-Menüs, grafischen Aktenschränken und vielem mehr entwickelt. Sowie einer Office-Software, die heute noch ihresgleichen sucht. Also alles, was wir heute kennen und nutzen. 1974! Einzig Excel würde ich persönlich heute hier integrieren, alles andere war bereits besser als heute entwickelt… und ein umgebauter Kopierer als Laserdrucker im Einsatz. Die zwei Entwickler des neuen Dokumenten-Formats „Interpress“ eröffneten später eine eigene Firma am Fluss „Adobe“ Creek ?? Unglaublich, wie lange es gedauert hat, bis alle Firmen auf diese Art arbeiteten – leider komplizierter, als damals entwickelt und es hat sich im Grunde nicht geändert.
Hätte Xerox sein PARC für Besucher besser nicht öffnen sollen?
Jedenfalls gab es darunter zwei Besucher, die aus dem, was sie besichtigten und „mitnahmen“ einen anderen Geschichtsverlauf kreierten, als Xerox lieb war: Steve Jobs und Bill Gates. Dies war auch der Preis, den Xerox für seine Feigheit zahlte, dass sie das System nicht auf den Markt brachten, (nur) weil es aufgrund der Ölkrise und der daraus resultierenden allgemein geringen Investitionsbereitschaft keine zweistelligen Zuwachsraten mehr beim Gewinn hatte.
Ein weiteres Problem waren die Rechner, auf denen das oben genannte Office-Programm „Xerox ViewPoint“ (später „GlobalView“) lief. Diese sind mit heutigen Unix-Rechnern vergleichbar und aufgrund der hohen Anschaffungskosten konnten sie in diesem Wirtschaftsumfeld leider nicht den Siegeszug antreten, den sie verdient hätten. In Zusammenarbeit mit Siemens wurde das System i.d.R. in großen Firmen, wie z.B. Lufthansa, aber auch im wissenschaftlichen Umfeld (u.a. Kernforschungszentrum Karlsruhe) oder bei der FDP eingesetzt.
Irgendeinen maßgeblichen Fehler machen wohl alle großen Konzerne früher oder später… was eigentlich immer als undenkbar galt. Aber Fluglinien wie die TWA gibt’s nicht mehr. Der Baukonzern Philip Holzmann verzockte sich nicht an den Düsseldorfer Gehry-Häusern, sondern später bei Übernahmen. General Electric ist seit Jahren auf Talfahrt (Thomas Edison rotiert bestimmt schon im Grabe und denkt an ein Comeback), und – um auf die CallCenter-Branche zu kommen – Avaya war auch schon im Chapter 11 und hat sich momentan(?) gerettet.
Woran liegt es?
Liegt es ggf. an dem allgemein wahrgenommen Gefühl, dass „der Kunde nicht mehr in die Prozesse des Unternehmens passt“? Erschrecken wir uns nicht alle zurzeit, mit welch kundenunfreundlichen „Umstellungen“ sich Konzerne in den Verruf bringen?
Neben dem ÖPNV, der gerade wieder die Preise anzieht (12,-€ für Hin- und Rückfahrt von 20 Minuten nach Düsseldorf), gibt auch Sky dafür ein gutes Beispiel: Mit der Behauptung, dass kaum jemand den Videotext nutzt, wird der einfach abgeschaltet, obwohl ein Großteil der Nutzer ältere Leute sind, die neben Fußball Golf sehen und „mal schnell“ etwas zu einem bestimmten Ereignis nachlesen wollen und für Sport, Nachrichten o.ä. die genauen Seitenzahlen kennen. Nein, das wollen ältere Leute weiter nutzen. Ferner geht der Lautstärke-Knopf nicht mehr, sondern nur noch über eine Universal- oder über die TV-Bedienung. Von der Sendersortierung bei vielen TV-Herstellern oder -Anbietern ganz zu schweigen, vor Allem nach Umstellungen; apropos, nach jedem Microsoft-Update muss ich erneut andere WLAN-Netze blockieren, damit deren Signale nicht stören …
Aber wozu dieser ganze Vorspann? Als Vorbereitung auf das nächste Thema, denn wenn schon so viele Fehler im sequentiell programmierten Umfeld passieren, was wird geschehen, wenn das angedeutete nächste Thema dominieren wird?
Die Künstliche Intelligenz (KI, engl. Artificial Intelligence (AI))
Und da wären wir auch wieder bei Xerox, die bereits in den 80er Jahren die Welt mit einer neuen Strategie überraschte, dem papierlosen Büro – und das von einem Kopierer-Hersteller. Da entwickelte sich schnell der Eindruck, als ob ein hyperintelligentes Kind plötzlich loslief, ohne die Eltern zu fragen … Nur sehr kurze Zeit später der nächste Coup aus diesem Bereich: Auf Basis von Lisp und den gleichen Rechner, auf denen „Xerox ViewPoint“ lief, erreichte Xerox nach 1986 mit der X1186 den Höhepunkt seiner AI-Entwicklungen. Der Markt damals hatte 20 Jahre Entwicklung hinter sich … und ist wieder da?!?
Die künstliche Intelligenz von damals erfüllte die großen Erwartungen nicht und die Entwicklungen dienten außerhalb von Xerox zu sehr militärischen Entwicklungen. Sagen wir mal, dass es im Hinblick darauf ein Glück war, dass sich – primär wegen des Stopps von Projekten und damit einhergehender Kürzung von Mitteln – die Entwicklung eingestellt wurde. Xerox-Rechner unterstützten noch die Mondlandung der Apollo 11-Mission, an der Entwicklung von AI für Reagans SDI-Projekt hatten sie i.d.R. kein Interesse.
Geschichtlich darf nicht übersehen werden, welchen Anteil an der Entstehung und Entwicklung von KI in Deutschland hat (das DFKI gilt als weltweit größtes Zentrum), was aber den Zweck dieser mind. 3 Blogs über künstliche Intelligenz übersteigen würde. Nach diesem Ausflug in die Historie, zurück in die Zukunft bzw. heute, kurz vor der Einführung von (einer neuen) „Künstlichen Intelligenz“… siehe hier.
T. Ulrich