Kleiner Exkurs in die Geschichte
Als das Telefon erfunden wurde, gab es eine 1:1-Verbindung. Wenn man bei einem Unternehmen anrief, dann klingelte es genau bei einem Apparat. Um einen guten Kunden-Service zu bieten und die Erreichbarkeit einer Organisation sicherzustellen, kam man schon um 1910 auf die Idee, bei Unternehmen einen Vermittlungsarbeitsplatz für eine Hauptrufnummer (meist die -0) einzurichten. Dabei nahm jemand das Gespräch entgegen, ordnete es ein und leitete es dann an den passenden Mitarbeiter weiter. Sozusagen der Routing-Vorläufer. Nur eben durch einen Menschen.
Danach kam bei neueren Telefonanlagen die Funktion Hunt Group zum Einsatz. Eine Methode, bei der eine Rufnummer auf mehrere Endgeräte verteilt wird. Unter der Maßgabe, dass jeder Mitarbeiter das Anliegen des Anrufers beantworten kann. Je nach Umsetzung klingelt ein Anruf an mehreren Endgeräten. Bei dem am längsten verfügbaren, in einer bestimmten Reihenfolge, etc…
In den 1970er-Jahren gab es so langsam die ersten Automatic Call Distribution-Lösungen (automatische Anruf-Verteilung; auch ACD-Anlage/ACD-System). Diese zusätzlich zur TK-Anlage implementierte Lösung verteilt Anrufe auf die am besten passenden Mitarbeiter. Zusammen mit einer Interactive Voice Response, welche die Anliegen abfragt, war es möglich, den besten Mitarbeiter für den Anruf zu identifizieren.
Die Entwicklung schreitet voran: Daten als Motor des Routings
All diese Funktionen sind in heutigen Omnichannel Contact Center-Lösungen aufgegangen. Moderne Lösungen bauen auf verschiedene Datenquellen auf:
- Interaktionsdaten (eingehende externe Rufnummer, Kundenrufnummer, Anrufzeitpunkt, bisherige Wartezeit)
- IVR-Daten – z.B. der erkannte Anrufgrund oder auch die Stimmung des Kunden
- Kundendaten aus externen Quellen wie CRM, Ticketsystem etc.
- Daten historischer Kontakte, Kundenzufriedenheitsbefragungen
- etc…
Eine moderne Lösung bietet inzwischen mehrere Mechanismen:
Queue-basiertes Routing
Die Anrufe kommen in eine Warteschleife. Abarbeitung in der Reihenfolge des Eingangs, einer nach dem anderen.
Prioritätsbasiertes Routing
Aufteilung und Zuordnung von Warteschleifen, nach verschiedenen Prioritäten. In der Regel wendet man diese Technik an, wenn es Rufnummern und die dazugehörigen Kundengruppen gibt, die höhere Erwartungen an Erreichbarkeit und Servicelevel haben.
Skillbasiertes Routing
In den Warteschleifen wird zusätzlich nach den vorhandenen Fähigkeiten der Mitarbeiter geroutet. Der Anruf wird dem besten verfügbaren Mitarbeiter zugewiesen. Dies kann dazu führen, dass ein Kunde mit einem bestimmten, anspruchsvolleren Anliegen ggf. länger warten muss. Länger als jemand mit einem einfacheren Anliegen, da erst der kompetenteste Agent verfügbar sein muss.
Gerade bei größeren Unternehmen reicht das aber nicht aus. In den letzten 20 Jahren kamen immer neue Kanäle und Medien hinzu. Dadurch wurde die Entwicklung weiterer Routing-Mechanismen erforderlich.
Attribute-basiertes Routing
Dabei wird die Zuordnung aus einem Pool eingehender Interaktionen zu einem Pool an verfügbaren Agenten aufgrund definierter Kriterien berechnet. Eine Interaktion bzw. ein Kontakt bekommt diese Attribute z.B. nach Kontakthäufigkeit, Kontaktkanal, Kontaktgrund etc. Ein Mitarbeiter bekommt sie z.B. nach Ausbildungsstand, Gesprächszeit, Kundenzufriedenheitsbewertungen usw. Die jeweilige Lösung findet den besten Match zwischen Kunde und Agenten. Sie kann auch sehr komplexere Szenarien abbilden, das ist aber nur bei einer signifikanten Anzahl an Mitarbeitern und Interaktionen sinnvoll.
Die Steuerung einer solchen Lösung ist kompliziert und bedeutet einen hohen administrativen Aufwand, da die Attribute laufend auf ihre Effizienz und Gültigkeit überprüft werden müssen. Weiterhin muss kontinuierlich geprüft werden, ob weitere Attribute aufgenommen werden müssen. Inzwischen gibt es aber auch dafür eine Lösung:
AI-basiertes Routing
Man gibt dem System einen Rahmen für das Routing. Auch hier spielen die Fähigkeiten der Mitarbeiter aber auch andere der oben genannten Faktoren eine entscheidende Rolle: Die Lösung versucht nach einer gewissen Anlernzeit – die stark von den Anzahl der Interaktionen abhängig ist – die bestmögliche Routing-Entscheidungen zu treffen. Das tut sie basierend auf den Korrelationen aus allen möglichen vorliegenden Daten. Außerdem versucht sie, ihre Routing-Entscheidungen fortlaufend zu verbessern.
Das bedeutet: weniger Administrationsaufwand und steigende Kennzahlen durch AI-basiertes Routing!
Was will man mehr? Zugegeben ist die Implementierung eines AI-basierten Routings nicht ganz ohne Aufwand. Aber unserer Erfahrungen nach lässt sich doch recht schnell ein Business-Case berechnen. Wollen Sie wissen, welcher Anbieter welche Optionen zur Verfügung hat und ob es sich bei Ihnen lohnt? Kontaktieren Sie uns!
Roland Ruf